Freitag, 21. Dezember 2012

Projektverlauf



Mein Praktikum in Sri Lanka neigt sich dem Ende zu. Wie bereits im ersten Blogeintrag erwähnt, untersuchte ich das ganze Verteilernetzt der Stadt Kandy. Da Kandy in einer bergigen Region liegt, ist die Verteilung von Trinkwasser in alle entlegenen Regionen nicht ganz so einfach. Viele Wasserreservoirs und Pumpstationen sind dafür nötig. Jedoch sind alle Haushalte an das Trinkwassernetz angeschlossen und erhalten zu jederzeit genügend Wasser in Trinkwasserqualität. Die Versorgung durch Trinkwasser ist dementsprechend sicher gestellt.
Zusätzlich habe ich noch eine Trinkwasseraufbereitungsanlage besichtig, welche das Grundwasser als Ressourcenquelle nutzt. Die Unterstützung seitens der verantwortlichen Personen war wie in der Vergangenheit sehr gut. Die 3 monatige Praktikumszeit war genau von richtiger Dauer, um die Trinkwasseraufbereitung und Trinkwasserverteilung der Stadt Kandy zu untersuchen und wo es möglich war, auch mitzuarbeiten.
Für die ortsansässige Universität (Universität of Peradeniya) und für die Stadtverwaltung schreibe ich einen Bericht über meine Tätigkeiten während des Praktikums und über meine Erkenntnisse und Einschätzungen zu den einzelnen Systemen. Diesen Bericht (etwa 70 Seiten umfangreich) werde ich auf meine Blog-Seite hochladen und er kann dann bei Interesse gelesen werden.

Sri Lanka im Wandel
Wie sicherlich alle Wissen, wütete bis vor 3 Jahren einen 30 jährigen Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den Tamil Tigers in Sri Lanka. In dieser Krisenzeit bestimmte der Krieg das Handeln der Politik und die Entwicklung der Insel wurde sehr stark eingeschränkt. Im Jahr 2009 wurden die Tamil Tigers von den Regierungstruppen endgültig und vernichtend geschlagen und die ganze Insel ist seither unter Kontrolle der Regierung. Viele Staaten, vor allem Japan, Indien und die Europäische Union leisten umfangreiche Hilfe für  den Wiederaufbau der Infrastruktur und Wohnhäuser in der betroffen Region (mehrheitlich im Norden und Nordosten). Aber auch die Regierung investierte viel Geld in den Ausbau und die Verbesserung der Strassen und sonstiger Infrastruktur. Auf die Frage wie sich das Land in 10 Jahren entwickelt hat; habe ich eine positive Einstellung und glaube und hoffe, dass die Wiedervereinigung nicht auseinander brechen wird. Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind alle in der neuen Regierung vertreten, wobei die Singhalesen immer noch übervertreten sind.
Das durchschnittliche Jahreseinkommen der Bevölkerung stieg in den letzten drei Jahren von 2000 USD auf 4000 USD. Dieser Trend wird sich meiner Meinung nach noch einige Jahre fortsetzten. Das grösste Potenzial der Insel sehe ich im Tourismus und ich glaube, dass dieser Sektor schon bald zu den wichtigsten Einnahmequellen von Sri Lanka gehören wird. Die Insel hat wirklich viel zu bieten, von Sonne, Strand und Meer, welche für Wassersportarten perfekt geeignet sind, bis zu bergigen Landschaften mit Regenwäldern oder Hochlandebenen mit einem Klima wie es In Grossbritannien zu finden ist. Das Besondere ist jedoch, dass die unterschiedlichen Klimazonen nur etwa 150 km voneinander entfernt sind und dadurch sehr schnell zu erreichen sind.
Nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der sozialen Entwicklung der Bevölkerung sehe ich positiv entgegen. Singalesen und Tamilen leben friedlich untereinander und Freundschaften zwischen den Bevölkerungsgruppen sind keine Seltenheit. 

Auf die Frage hin; „wie hat sich das Leben einer einheimischen Person in den letzten 10 Jahren verändert?“; habe ich Manju Bandarage interviewt. Manju ist ein Surflehrer und Gasthousebesitzer aus Weligama. In meinen Wochenenden bin ich oft mit ihm surfen gegangen und es hat sich eine gute Freundschaft zwischen uns entwickelt. Da Weligama an der südlichen Spitze der Insel direkt am Meer liegt, hatte der Tsunami von 2004 die Häuser und Einwohner mit voller Wucht erreicht. Auch Manju und seine Familie haben das Haus verloren und mussten von ganz von neuem anfangen. Das Gasthouse wurde neu aufgebaut und seine eigen Surfschule eingeweiht. Das grosse und einzige Kapital der Region ist die Weligama-Bucht mit ihren Wellen, welche sich perfekt zum Surfen eignen. Doch genau diese Bucht, oder genauer gesagt die Wasserqualität, bereitet Manju jedoch einige Sorgen. An regenreichen Tagen werden viel Schmutz und Abfälle durch den naheliegenden Fluss in die Bucht gespült und das Wasser am Strand riecht übel. Leider, so Manju, sei er der Einzige der gelernt habe, dass die Touristen nur an sauberen Stränden Ferien machen wollen. Oft habe er die Behörden auf das Verschmutzung-Problem hingewiesen, doch leider passiere nichts. Und trotzdem steigt die Anzahl der Touristen seit Kriegsende jedes Jahr an. Sein „Business“ wie er immer sagt, sei im letzten Jahr stark gewachsen. Jedoch habe er auch einige neue Konkurrenten erhalten, welche ebenfalls ein Stück vom ständig wachsenden Tourismus haben wollen.

Mittwoch, 7. November 2012

Bilder: Dunumadalawa Forest Reserve








Bilder: Water Treatment Plant - Getambe












Bilder: Mein Zuhause, Talwatta und Kandy






Praktikumsarbeit



Mein 3 Monate dauerndes Praktikum absolviere ich in der städtischen Behörde von Kandy, welche für die Trinkwasserversorgung der Stadt und Umgebung verantwortlich ist (Municipal Council Kandy; Water Work Department). Dabei steht nicht nur die praktische Arbeit im Mittelpunkt, sondern das Verstehen und Untersuchen der einzelnen Systeme, wie Trinkwasserfassung, Trinkwasseraufbereitung, und die Trinkwasserverteilung, nimmt ebenfalls einen sehr grossen Teil in Anspruch. Einen von mir erfassten Bericht über die Funktionsweise und Leistungen der einzelnen Systeme, soll als Informationsgrundlage für kommende Besichtigungen von Schulen und Studenten dienen. Zusätzlich werden die einzelnen Anlagen in ihrem momentanen Zustand erfasst, ihre Probleme aufgezeigt und Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet.
Den ersten Monat arbeitete ich in der Trinkwasseraufbereitungsanlage „Water Tratment Plant Centre Kandy – Getambe“, welche 36‘000m3 Trinkwasser für die Bewohner herstellt. Das aufzubereitende Wasser wird von dem naheliegenden“ Mahaweli-River“ entnommen und mehrfach aufbereitet. Die Aufbereitungsanlage und das konzipierte System sind bereits 20 Jahre alt. Die Qualität des Trinkwassers ist jedoch gewährleistet und entspricht dem Standard von Sri Lanka.
2.5 km vom Stadtzentrum befindet sich ein geschütztes Naturwald-Reservoir; das Dunumadalawa Forest Reserve. Ein 480 Hektar grosses Gebiet, welches auf 550 bis 980m.ü.M. liegt wird zusätzlich als natürliche Trinkwasserfassung für die Stadt Kandy genutzt. Im ganzen Wald befinden sich teils natürliche, teils künstliche Quellen. Das Quellwasser wird in einem Reservoir (eigentlich ein künstlich angelegter See) gesammelt und anschliessend aufbereitet. In diesem Schutzgebiet leben viele seltene und endemische Pflanzen und Tiere. Unteranderem kann man mit sehr viel Glück einen Leopard sehen.
Bis jetzt verläuft mein Praktikum nach Plan. Der Support seitens den Arbeitern und Chefs ist sehr gross. Zum Arbeiten bin ich jedoch nicht so viel gekommen. Die Anzahl Mitarbeitende wird immer für den worst case gerechnet. Die Überkapazität bedeutet bei Normal-Betrieb, dass immer einige Mitarbeiter nichts zu tun haben und Zeitung lesen, schwatzen oder einfach in die Luft schauen. Daher habe ich den Schwerpunkt vermehrt auf die Untersuchung der einzelnen Systeme gelegt.
Die nächste Woche starte ich mit der Untersuchung des Verteilungssystems und den einzelnen Pumpstationen und Wassertanks. Ich freue mich schon all die entlegenen Orte in der Umgebung zu besichtigen, da die Wassertanks meist in den Bergen oberhalb der Stadt liegen.
Der Abschluss meines Praktikums ist nicht vollständig geklärt und noch in Planung. Wenn möglich werde ich eine Grundwasserfassungsanlage besichtigen, um eine möglich grosse Anzahl an verschiedenen Systemen kennen zu lernen. Eine andere Möglichkeit bietet eine neugebaute Trinkwasseraufbereitungsanlage in der Nähe der Stadt Kandy, welche jedoch nicht zum Municipal Council Water Works Department gehört.

Mentalität und Kultur



Wie bereits erwähnt ist die Stadt Kandy die traditionellste Stadt Sri Lankas und die Mentalität der Menschen ist sicher konservativer als beispielsweise in Colombo. Bis jetzt umfasst mein Bekanntenkreis vorwiegend Singhalesen und einige Tamilen. Mit Muslimen bin ich eher weniger bis selten in Kontakt getreten. Das Leben der meisten Bürger/innen konzentrieren sich auf zwei Dinge; Familie und Arbeit. Besonders die ärmeren Personen arbeiten nicht selten 7 Tage die Woche und dies das ganze Jahr; manchmal auch 12 Stunden am Tag. Viel Freizeit bleibt da nicht mehr. Die wenige Zeit wird mit der Familie verbracht, oft Zuhause. In den Feiertagen, wie zum Beispiel an jedem Vollmond, werden die viele Tempelanlagen oder andere Religiose Feste und Rituale besucht. Die obere Schicht, welche Geld für Freizeitaktivitäten zu Verfügung haben, arbeitet am Wochenende nicht und gönnt sich ab und zu Urlaube an den Küstengebieten. Doch egal ob reich oder arm, die Menschen sind sehr offen und gastfreundlich. Ich wurde schon von vielen Arbeitern zum Essen oder auf einen Schluck Arrack (lokaler Wisky) nach Hause eingeladen. Alkohol ist in der Öffentlichkeit tabu und nur an lizenzierten Verkaufsständen erhältlich. Eine Bar (ausgenommen von Hotels und anderen touristischen Orten) oder ein Nachtklub gibt es in Kandy nicht. Dies gilt jedoch nicht für Colombo und die Touristischen Zentren an den Küstengebieten.
In den ersten Wochen dachte ich, die Menschen in Sri Lanka sind sehr bedacht das Leben zu geniessen und ihre freie Zeit und Eigenständigkeit zu bewahren. Ich dachte die Menschen sind mehr gelassen und denken nicht nur an Arbeit und Geld. Doch merkte ich, dass Geld allzu oft im Mittelpunkt steht. Jeder und jede versucht auf seine/ihre Weise das Business zu vergrössern und an mehr Geld zu kommen. Nicht aus Gier, sondern viele sind gezwungen, da die Gehälter besonders für nicht gut gebildete Arbeiter sehr tief sind. Doch Neid auf andere, reichere, einflussreichere Menschen ist kein Thema. Im Gegenteil; oft spürt man Bewunderung und grosser Respekt gegenüber den eigenen Chefs.
Etwas was einem sofort ins Auge sticht, sind die immer vornehm gekleideten Personen auf der Strasse. Jeder Mann trägt in der Öffentlichkeit immer ein Hemd oder wenigsten ein Polo-Shirt mit einer Anzugshose. Die Frauen tragen das traditionelle Gewand; den Sari. T-Shirts sind sehr selten auf der Strasse. Auch die junge Generation kleidet sich, als ob sie in einer Bank in der Schweiz arbeiten. Doch erkannt man eine leichte Veränderungen; zumindest junge Passanten tragen manchmal ein T-Shirt und Jeans oder kurze Hose.
Das andere was man schnell bemerkt und was einer der grössten Unterschiede zu der Schweiz darstellt, sind die vielen lachenden und fröhlichen Personen. Auch während der Arbeit sind Witze und Jokes nicht weg zu denken.
Die Kultur ist all gegenwärtig. Überall sieht man Tempel, Statuen von Budda. An den Festen und Buddhistischen Ritualen kommen viele Leute zusammen. Meiner Meinung nach kann zumindest in Kandy Kultur mir Religion gleichgesetzt werden. Denn andere als religiöse Hintergründe, eine gelebte Kultur auf den Strassen, sucht man fast vergebens.

Kandy; die Stadt in der ich wohne und arbeite



Kandy liegt im zentralen Gebirge der Insel auf etwa 500m ü. M. und ist mit etwas mehr als 100‘000 Einwohner die dritt grösste Stadt Sri Lankas. Dank der geografischen Lage steigen die Temperaturen nicht wie vielerorts in Küstennähe, auf 30°C und mehr, sondern pendeln gewöhnlicher weise zwischen 22°C in der Nacht und 28°C am Tag.
Für viele Sri Lanker ist Kandy das Synonym für singhalesische Kultur und Identität. Die alte Königsresidenz konnte sich über mehrere Jahrhunderte hinweg erfolgreich gegen die Eroberungsversuche der Kolonialmächte wiedersetzten; bis die letzte Königstadt Sri Lankas im Jahr 1815 von den Briten erobert wurde. Der Zahntempel, einer der 3 wichtigsten Buddhistischen Tempel der Insel, befindet sich direkt neben dem künstlich von einem damaligen König angelegten Kandysee. Der Tempel beherbergt einen Zahn Buddas aus dem 4. Jahrhundert und dient noch heute als Pilgerstätte und Kloster. Ein richtiges Stadtzentrum findet man vergebens. Die vielen Geschäfte, Restaurants und die überall zu findenden einfach gebauten Verkaufsstände, aber auch die Wohnhäuser / Wohnbauten (manchmal eher wellblechartige Gebilde) Konzentrieren sich entlang der 3 Hauptstrassen. Obwohl sich die Stadt mitten in den Bergen befindet und die Erschliessung mit gut befahrbaren und wetterfesten Strassen nicht allzu lange her ist, ist Kandy doch eine der am weitesten entwickelten und wohlhabenden Gegenden der Insel. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass Kandy nicht im Bürgerkriegsgebiet lag und abgesehen von einigen Anschlägen weitgehend verschont blieb.
Das Viertel in dem ich wohne befindet sich etwa 3 Kilometer vom Stadtkern entfernt und heisst Talwatta. Eine eher ruhigere und bessere entwickelte Gegend der Stadt. Viele Familien im oberen Mittelstand wohnen in dieser Gegend, in vergleichsweise guten und grossen Häusern. Ich wohne bei einer Familie, welche regelmässig Studenten aus aller Welt beherbergt und gute englisch Kenntnisse besitzt. Das Essen ist immer vorzüglich, wenn auch etwas scharf. Am Anfang musste ich mich zwar an die verwendeten Mengen von Chili und Pfeffer gewöhnen, doch würde mir jetzt das Essen fad erscheinen, wenn diese Zutaten in dieser Menge fehlen würden. Ich fühle mich sehr wohl in meinem Zuhause und in meinem Gastland.
Auf die Frage hin, ob Sri Lanka den Vorstellungen vor meiner Ankunft entspricht, kann ich nicht beantworten. Ich mache mir nie zu viele Gedanken und Vorstellungen über Orte an denen ich nicht war. Eine offene und neugierige Art, vermischt mit dem gesunden Menschenverstand und Respekt, führten bis jetzt immer zu zufriedenen und spannenden Reisen.